Sonnenhaus

Fünf, zehn, 20, gar 30 Prozent: So viel kann der solare Deckungsbeitrag zur Raumheizung und Brauchwassererwärmung eines konventionell geplanten Einfamilienhauses heute betragen. Voraussetzung sind eine gute Wärmedämmung des Gebäudes, mehrere Quadratmeter Solarkollektoren auf dem Dach sowie mindestens 500, besser vielleicht 1.000 Liter Schichtspeicher. Bleiben immer noch 70 Prozent und mehr, die entweder mittels fossiler Energien, mit Holz oder beispielsweise mit einer Wärmepumpe zugeheizt werden müssen.

Sonnenhaus mit hohem solarem Deckungsgrad

Einen deutlich höheren solaren Anteil halten manche für nicht machbar oder zumindest für viel zu teuer. Ersteres ist bereits widerlegt: Es gibt in unseren Breitengraden inzwischen Häuser, die zwischen 50 und 100 Prozent der Energie für Heizung und Warmwasser von der Sonne beziehen – ganzjährig. Beim zweiten Argument – zu teuer – ist eine Aussage nicht so leicht zu treffen. Denn klar ist: Ein solches Sonnenhaus ist in der Anschaffung erst einmal teurer als ein konventionell errichtetes. Ob und wann sich die Mehrinvestition rechnet, hängt von der künftigen Entwicklung der Energiepreise und der Zinsen ab. Denn die benötigten riesigen und bestens gedämmten Schichtspeicher mit mehreren tausend Litern Volumen und dutzende Quadratmeter Kollektorfläche sind jeweils mit einer fünfstelligen Investition zu veranschlagen. Andererseits kann die Zusatzheizung kleiner dimensioniert werden oder sogar ganz entfallen, wenn eine 100-prozentige Solardeckung angestrebt wird. Dann allerdings müssen Kollektorfläche und Speicher deutlich überdimensioniert werden, um genug Reserven für besonders strenge Winter zu haben.

Sonnenhaus-Standards

Architekten, Ingenieure und Solarteure haben sich übrigens in einem eigens gegründeten Sonnenhaus-Verein organisiert: dem Sonnenhaus-Institut. Der Verein hat auch gleich eine Definition geliefert, was ein Sonnenhaus ausmacht:

1.Die Dämmung des Gebäudes soll mindestens 30 Prozent besser sein, als von der Energieeinsparverordnung 2009 vorgeschrieben.
2.Der solare Deckungsgrad soll mindestens 50 Prozent betragen.
3.Die Wärme, die nicht solar erzeugt werden kann, soll aus Holz gewonnen werden.
4.Passive Sonnenenergienutzung durch große und nach Süden ausgerichtete Glasflächen sollen zur Beheizung beitragen.
5.Der jährliche Primärenergiebedarf soll 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr nicht übersteigen.

Letzterer Punkt ist erklärungsbedürftig: Mit jährlich 15 Kilowattstunden oder weniger pro Quadratmeter wäre ein Sonnenhaus demnach effizienter als ein Passivhaus, das auf eine konventionelle Heizung ganz verzichtet. Das Sonnenhaus-Institut versteht dies so: Sowohl Sonne als auch Holz sind klimaneutral. Lediglich zum Betrieb der Heizungspumpen mit Strom sowie zum Beispiel für den Transport des Brennholzes wird konventionell erzeugte Hilfsenergie verbraucht.

Das Sonnenhaus funktioniert jedoch nur dann, wenn die Sonnenenergie auch möglichst effizient genutzt wird. Denn selbst ein sehr großer Schichtspeicher ist nicht in der Lage, Wärme für den gesamten Winter zu speichern. Deshalb müssen die solarthermischen Module auch im Herbst und Winter das dann schwächere Sonnenlicht nutzen können. Dies gelingt einerseits durch die große Fläche der Module, andererseits durch deren konsequente Südausrichtung. Zudem sollten die Module möglichst steil stehen, um die Strahlen der im Winter tiefen Sonne optimal nutzen zu können. Außerdem haben Sonnenhäuser in der Regel Flächenheizungen, die mit niedrigen Vorlauftemperaturen arbeiten. So kann im Winter auch mäßig scheinende Sonne schon zur Energiegewinnung genutzt werden, denn das Wasser für den Heizkreislauf muss nicht auf sehr hohe Temperaturen erwärmt werden, es reicht, wenn es ein paar Grad wärmer ist, als die angestrebte Raumtemperatur.

Sonnenhaus mit großem Schichtspeicher

Die Speicherung von relativ niedrig temperiertem Wasser gelingt nur in einem Schichtspeicher mit Wärmetauschern. In diesen großen Saisonspeichern wird im unteren Bereich nur mäßig warmes Wasser eingebracht, in der Mitte ist es dann schon deutlich wärmer und der heißeste Bereich liegt oben. Der Schichtspeicher liegt übrigens meist im Haus: Denn trotz sehr guter Dämmung hat auch ein solcher Speicher Wärmeverluste. Durch die Platzierung im Inneren des Hauses geht die Wärme aber nicht verloren, sondern bleibt im Haus.

Reicht die Sonnenenergie im Winter zur Beheizung und Brauchwasserbereitstellung nicht mehr aus, und ist die gespeicherte Energie aufgebraucht, hilft die Holzheizung aus. Meist ist diese als Kaminofen mit Wassertasche ausgelegt, bei dem ein Teil der Wärme direkt abstrahlt, der größere Teil jedoch in den Speicher eingebracht wird. Alternativ werden auch Holzvergaserkessel eingesetzt, die sich durch ihren hohen Wirkungsgrad auszeichnen. Diese lohnen sich allerdings nur dann, wenn der solare Deckungsgrad noch recht weit von 100 Prozent entfernt ist.

Inzwischen wurden schon dutzende Sonnenhäuser errichtet. Viele haben solare Deckungsgrade von 50 bis 80 Prozent und begnügen sich im Winter oft mit einem bis fünf Ster Holz – bei Kosten von 80 Euro pro Ster liegen die gesamten Heizkosten pro Jahr demnach bei 80 bis 400 Euro. Wer das Holz selbst schlägt, spart noch mehr. Ein Bauträger aus Chemnitz hat zudem ein Sonnenhaus mit 95 Prozent solarer Deckung entwickelt, das zumindest in milden Wintern ganz ohne Zusatzheizung auskommen soll. Und in der Schweiz wurde ein Mehrfamilienhaus mit 100 Prozent Deckungsgrad errichtet: Der Saisonspeicher hat dabei über 200.000 Liter Speichervolumen und statt aus einer konventionellen Deckung besteht die Dachhaut aus solarthermischen Modulen.